Die Zeit hat hier eine andere Bedeutung als wir es aus Deutschland kennen. Es gibt hier kaum Uhren und wenn dann wird sie eher als Schmuck und Statussymbol getragen. und obwohl fast die meisten, jeder Generation, ein Handy hat, spielt die Uhrzeit keine wichtige Rolle und es wird sich nicht danach gerichtet. So gestaltet es sich als sehr mühselig sich nach Terminen zu richten und man sollte geduldig sein und Wartezeit einplanen. ‚Now‘ hat keine direkte Bezugspunkt, es kann sich dabei um 5 Minuten aber auch um eine halbe Stunde handeln. Um sich dem deutschen ‚jetzt‘ anzunähern, benutzt man hier oft die Bezeichnung ’now-now‘ und schon ein paar Mal habe ich ein, mit ironischem Unterton begleitetem, ’now-now-now‘ gehört. Viel mehr wird sich da nach der Sonne gerichtet. Morgens stehen sie Kinder schon um 5 Uhr auf und nach Sonnenuntergang um 19 Uhr sieht man keine mehr draußen spielen. Auch ich habe mich an den Tagesrythmus gewöhnt und bin für deutsche Verhältnisse schon sehr früh im Bett, meistens gegen 22 Uhr. Auch das Ausgehen beginnt früher und endet relativ früh. Auf Partys fangen viele schon um Mittag an zu trinken und die Clubs schließen gegen 1 Uhr Nachts mit der Durchsage vorsichtig zu fahren. Alkoholismus beim Autofahren ist hier ein großes Problem, genauso wie die Kriminalität, die vorallem in der Dämmerung und Nachts ansteigt und vielleicht auch ein Mitgrund sind für eine erzwungene frühe Abendruhe für die Feierlustigen. Das Straßenbild ändert sich vom Tag zur Nacht enorm. Sieht man tagsüber noch volle Straßen und hektisches Treiben, so scheinen manche Straßen nachts ausgestorben, jedenfalls in den nobleren Gegenden. Das Leben im Township allerdings steht nie still.

Leider kann ich bis jetzt noch nicht viel von dem Eigenleben im Township berichten, da die Gefahr, sich als Weißer nachts in diesem Terrain aufzuhalten die Bewegungsfreiheit doch enorm einschränkt. Meine Erfahrungen im Township waren bisher sehr positiv geprägt. An das eigene Auffallen gewöhnt man sich recht schnell und die Reaktion der Leute ist oft überraschend freundlich. Gemustert wird man von fast allen, von manchen eher argwöhnisch, von vielen jedoch einladend. Es gibt auch welche, die kommen und ihre Freunde über das Erscheinen ausdrücken und damit ist unweigerlich die Hautfarbe gemeint. Von einigen habe ich gehört wie gut und wichtig sie es finden das wir hier sind, die Weißen im Township und mit den Schwarzen zusammen feiern und tanzen. Wenn wir mit Paul Utz von Benoni (so haben wir den Golf getauft) durch die Straßen fahren, hören wir oft Leute, die uns ‚Mlungu‘ nachrufen, was Weißer bedeutet. Was ich persönlich als schade empfinde könnte man auch nur als Ausruf der verwunderung deuten. Über eine Begrüßung auf Zulu ‚Saubona‘ freuen sie sich sehr und es scheint schon ein wichtiger Schritt zu sein, sich gegenseitig anzunähern und die Distanz zu verringern.

Je mehr ich hier erfahre, je mehr ih von diesem Land und den verschiedenen Kulturen kennenlerne umso mehr habe ich  das Gefühl nur die Oberfläche gesehen zu haben und eigentlich noch nichts von dem komplexen Ganzen erfassen zu können.